5millionenschritte

Appalachian Trail 2013 – so weit die Füße tragen

Ich glaub, ich seh ’nen Bären – Hightop Hut nach Big Meadows Campground (mi 919,8)

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Wir waren heute die ersten, die angefangen haben, aufzustehen und die letzten, die vom Shelter aufgebrochen sind. Es war trotzdem für unsere Verhältnisse recht früh, kurz nach halb acht, weil wir der großen Hitze aus dem Weg gehen wollten. Beim Aufbruch waren wir guter Dinge und sangen alle zusammen lautstark „Hit the road Jack“ – vielleicht war es ganz gut, dass wir vier alleine waren.

Dank des zeitigen Aufbruchs war das Wetter echt angenehm. Man merkte schon, dass es ein richtig warmer Tag werden würde, die Luft hatte was von einem Sommermorgen in Italien oder Südfrankreich, aber sie war noch frisch und roch nach Blumenwiese. Die Insekten waren auch nur mäßig aktiv, so dass wir gut vorankamen. Das erste Erfolgserlebnis hatten wir schon nach weniger als einer Meile: wir haben die neunhundert Meilen voll gemacht!

Plötzlich blieb Frank stehen und sagte ganz aufgeregt: „Da ist ein Bär!“. Ich versuchte hektisch herauszufinden, wo denn. Da sagte er schon, dass er nicht mehr zu sehen sei, nach rechts unten ins Gestrüpp verschwunden. Schnell eilten wir zu der Stelle, an der er verschwunden war, aber ich bekam nicht das kleinste Stückchen Bär zu sehen. Es tröstete mich auch wenig, dass Frank sagte, er habe eh nur den Rücken verschwinden sehen. Ich hatte nichts gesehen!

Leicht angeknatscht lief ich weiter schwankend zwischen Enttäuschung darüber, dass ich ihn nicht gesehen hatte, und Aufregung und Begeisterung darüber, dass Frank seinen ersten Bären zu Gesicht bekommen hatte.

Die nächsten Meilen bin ich wohl noch mehr gestolpert als sonst, weil ich krampfhaft nach Bären Ausschau hielt. Ich wollte auch endlich einen sehen! Auf einmal sah ich links vom Weg etwas dunkles, großes sitzen. Natürlich dachte ich gleich, es sei ein Bär, war mir aber nicht ganz sicher, ob nicht der Wunsch Vater des Gedanken war und das nicht doch nur die schattige Unterseite eines umgestürzten Baums war. Ich sagte also zu Frank „Ich glaub, da ist noch ein Bär.“ Erst war er sich auch nicht ganz sicher, aber dann drehte der Bär seinen Kopf in unsere Richtung und wir konnten klar die hellere Schnauze vor dem dunklen Fell erkennen. Das war echt cool! Wir waren beide total aufgeregt, weil der Bär so schön ruhig da saß und wir ihn beobachten konnten. Da Yooper und Big Red nicht weit hinter uns waren, lief ich schnell zurück, sie zu holen. Frank blieb derweil unten, falls der Bär wegrennen würde, damit wir die Richtung wüssten. Sie waren auch gleich ganz begeistert. Als wir alle vier gesammelt da standen, um ihn zu beobachten und zu fotografieren, ließ der Bär sich noch kaum aus der Ruhe bringen. Erst als wir uns dann auf dem Trail, der an ihm vorbeiführte, in Bewegung setzten, wurde ihm das doch zuviel und er entfernte sich etwas. Als dies weitere Fotografiererei bei uns auslöste und wir immer noch nicht verschwunden waren, trollte er sich schließlich. Was für ein großes Tier! Selbst auf diese Entfernung noch beeindruckend. Wir hatten später versucht, herauszufinden, wie weit der Bär von uns entfernt war und sind bei ca. 30-40 Meter gelandet. Näher möchte ich so einem Bären jetzt auch nicht kommen, selbst wenn er dann winzig klein ist auf den Fotos.

Danach ging es dann zum Lewis Mountain Campground, Vorräte aufstocken und Mittag essen. Nach einer langen Mittagspause, um der größten Hitze des Tages aus dem Weg zu gehen, ging es weiter Richtung Big Meadows Campground und Lodge. Hier haben wir erst im Lodge lecker zu Abend gegessen und liegen jetzt auf dem Campingplatz im Zelt. Das ist echt super im Shenandoah Nationalpark, als Thru-Hiker kann man sich hier fast wie die Raupe Nimmersatt durch den Park futtern. Morgen werden wir wahrscheinlich wieder in einem Wayside zu Mittag essen bevor es nach Luray geht, um neue Vorräte zu kaufen.

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